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Samstag, 31. März 2007

Über die Berufung

Es gibt nichts Abstoßenderes in einer Zeitung als Stellenanzeigen. Diese polierten Wichtigtuereien mit nach Karriere und Management klingenden Anglizismen. Sie vermitteln den Eindruck: Wir, die Firmen, die wir uns hier dir gnädigerweise präsentieren, wir, denen du dich unterordnen musst, wir sind wichtig, wir sind deine berufliche Zukunft. Ohne uns bist du Hartz IV oder irgend ein Spinner. Also komm und sieh zu, dass du halbwegs das darstellst, was wir wollen.

Ich sage nein, zu Berufen in Wirtschaft, Marketing und Consulting und all denen, wo es darum geht, Zahnpastalächeln in Fahrstühlen zu präsentieren. Was sind das für Berufe, in denen es nur um das Geld und die Karriere geht? Wo ist die Seele, wo der Sinn?

Ich verneige mich vor allen Berufen, die man kaum oder nie in Stellenanzeigen findet. Ich verneige mich vor allen Polizisten, Krankenschwestern, Dramaturgen, Schauspielern, Lehrern, Künstlern, Literaten, Schriftstellern, Priestern, Uhrmachern, Buchhändlern, Musikern und all denjenigen, die sich in diese Liste einreihen ließen. Ich verneige mich vor Menschen, die ihrer Berufung folgen und nicht bloß einen Job machen oder gut Geld verdienen wollen. Daher verneige ich mich daher auch vor Unternehmern, die dem, was sie aufgebaut haben, so gut wie alles opfern würden, die alles geben würden, um ihre Idee, ihren Traum zu verwirklichen und die daher auch niemals den Job wie ein Hemd wechseln würden. Vor allem aber verneige ich mich vor den Menschen, deren Berufe man kaum Beruf nennen kann. Den Menschen, die einer Bestimmung folgen, die tief in ihnen selbst groß und stark geworden ist und die den Mut haben, ihren Weg allein zu gehen. Denn Wege, so soll Franz Kafka einmal gesagt haben, entstehen dadurch, dass man sie geht.


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Otto Hildebrandt (Gast) - 2013-10-10 14:08

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