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Dienstag, 19. Oktober 2010

Verkaufsplattform für Artikel

spredder.de ist eine interessante neue Plattform: ein "Onlineshop für Qualitätsjournalismus", wie sich das Portal selbst nennt.

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Eine nette Plattform über die man (zumindest) zeitlose Texte verkaufen kann, die man in der Schublade liegen hat.

Montag, 11. Oktober 2010

Reporter - eine Art Beruf

lindlau Vor vier Jahren stand ich am Hauptbahnhof Frankfurt und wusste nicht so recht, wie es mir ging. Ich hatte gerade mein erstes Bewerbungsgespräch für einen PR-Job hinter mich gebracht, genauer gesagt einen Werkstudentenjob. Es war ein schöner Herbsttag, recht warm, sehr sonnig, es war gut gelaufen in der Agentur, einem ansehnlichen Unternehmen mit 3300 Angestellten in 53 Büros überall auf der Welt, es hätte der Beginn einer Karriere in der Public Relations sein können. Doch ich hatte Zweifel.

Ich brauchte aber auch einen Nebenjob. Im Sommer hatte ich einen Werkstudentenjob im Online-Marketing nach ein paar Wochen für eine Hospitanz in der Redaktion von sueddeutsche.de abgebrochen. Ich brauchte Geld, aber alle Redaktionen, die mir in den Sinn kamen, brauchten niemanden. Und als freier Lokalreporter konnte ich nur ein Butterbrot verdienen.

Ein paar Jahre früher hatte ich noch große Aversionen gegen Marketing, PR und den ganzen Kram gehabt, gegen Boulevard-Journalismus sowieso, aber nach einer Hospitanz bei Zeit online war ich toleranter und weniger radikal geworden, habe die Welt weniger schwarz-weiß gesehen. Trotz allem wollte ich Journalist werden. Die glattgebügelte Businesswelt lag mir nicht. Aber hier ging es nur um einen kleinen Nebenjob, vorübergehend, und er war gut bezahlt.

Ich ging in eine Bahnhofsbuchhandlung und da sah ich ihn, zum ersten Mal: Dagobert Lindlau, eine deutsche Reporterlegende. Er stand da auf seinem Buchcover und hatte so etwas Authentisches, so etwas Ehrliches, Prinzipientreues, er hatte Haltung. "Reporter - eine Art Beruf" stand auf dem Cover. Ich kaufte das Buch. Fünf Tage später zog ich meine Bewerbung für den Job zurück.

Alles Gute zum 80. Geburtstag, Dagobert Lindlau!

Leben im Auto-Ressort

Das Auto-Ressort ist genau wie auch das Reise-Ressort bei den meisten Zeitungen längst outgesourct worden. Wirklich lesen kann man die sehr günstig eingekauften Texte meist nicht mehr. Sie sind einfach zu belanglos. Selbst die Testberichte sind keine wirklichen Testberichte mehr, sondern eher Werbetexte.

Dass das alles nicht sein muss, dass man ein tolles Auto-Ressort mit guten Artikeln machen kann, zeigt heute mal wieder die Süddeutsche Zeitung mit einem Aufmacher im "Mobilen Leben" von SZ-Volontär Johannes Boie, der gerade als Arthur F. Burns-Stipendiat Gastjournalist bei der Los Angeles Times ist (wo er unter anderem eine interessante Recherche über Gangs macht) und ein tolles Portrait über einen, wenn nicht den erfolgreichsten Custom-Bike-Schöpfer der USA geschrieben hat. Leider nur im Print und im kostenpflichtigen Archiv zu lesen.

Montag, 4. Oktober 2010

BVG erlaubt antisemitische Schrift

65 Jahre nach dem Holocaust gibt das Bundesverfassungsgericht einem umstrittenen Professor recht und erlaubt, dass wieder geschrieben werden dürfe, die Juden seien selbst Schuld an ihrer Verfolgung gewesen.

Absolut unverständlich, wie das BVG, das sonst zumeist sehr weise Urteile fällt, so entscheiden konnte. Heribert Prantl schreibt in der SZ: "Die drei Bundesverfassungsrichter, die diese Entscheidung gefällt haben, bedürfen der politischen Bildung."

Siehe auch Zeit.de mit Hintergründen über den umstrittenen Prof. em. Konrad Löw.

Freitag, 10. September 2010

SWR2-Feature: Entführt in Gaza

Radio-Empfehlung

Der BBC-Reporter Alan Johnston wird kurz vor Ende seiner Korrespondentenzeit in Gaza am 12. März 2007 von einer palästinensischen Gruppierung entführt, die sich Army of Islam nennt. Während seiner 4-monatigen Geiselhaft solidarisieren sich in zwei verschiedenen Petitionen weltweit über 180.000 Menschen mit Johnston.

Nie zuvor haben sich so viele Menschen für das Leben eines Journalisten eingesetzt. Vielen Hörern des BBC Worldservice ist er durch seine eindringlichen Reportagen aus Afghanistan und Palästina bekannt geworden, zuletzt dadurch, dass er den Menschen im Gazastreifen eine Stimme gab. Peter Moritz Pickshaus hat damals selbst die Petition unterschrieben und sich nun auf die Spur einiger Mitunterzeichner begeben. Er befragt sie nach ihren Motiven und lässt Alan Johnston selbst die Erfahrungen seiner Geiselhaft hautnah schildern.

Ostaz - Entführt in Gaza, ein SWR2-Feature, Mittwoch, 15.09.2010, 22.05 bis 23.00 Uhr


Nachtrag: Leider ist der Stream nicht mehr online. Der Sender sagt: "Aus lizenzrechtlichen Gründen dürfen wir diese Produktionen nur für eine Woche zum Nachhören ins Netz stellen." Und dafür müssen die Bürger 18 Euro Rundfunkgebühr im Monat zahlen.

Freitag, 27. August 2010

Vom Praktikanten zum Journalisten

Das Netzwerk Recherche hat schon eine ganze Reihe interessanter Bücher herausgegeben. Neu im Programm ist: "Die Einsteiger: Wie aus Praktikanten Journalisten werden". 15 junge Journalisten erzählen, wie sie den Einstieg in den Journalismus geschafft haben (siehe auch das Inhaltsverzeichnnis). Sehr lesenwert. Das Buch kann man sich für 1,45 Euro Rückporto kostenlos zuschicken lassen oder als PDF herunterladen.

Mittwoch, 18. August 2010

Ergo was?

Endlich hat mal einer was gegen diese elendigen Ergo-Plakate geschrieben. Vollkommen unseriös die Werbung. Statt auf superlässig zu machen, hätten sie lieber erklären sollen, wer oder was eigentlich Ergo ist und wo der Versicherer herkommt. Hier die Stilkritik aus der heutigen SZ.

Der neue hat es nie leicht. Und je länger der Alte da war, desto schwerer wird es. Das gilt fürs Zwischenmenschliche und erst recht fürs Finanzielle - schließlich lassen sich die Deutschen eher scheiden, als dass sie die Bank wechseln. Herr Kaiser war verdammt lang da: 35 Jahre verkaufte er im Dienst der Hamburg-Mannheimer Versicherungen. Vergangenen Herbst musste er abtreten, weil seine Sparte in der Ergo-Gruppe aufging. Also erst mal Respekt für den Neuen - das ist Sebastian Ströbel. Der 33-Jährige hatte mal eine Rolle in "Kommissar Rex", jetzt macht er Werbung für Ergo. Auf den Plaketen fläzt er sich mit Brad-Pitt-Bart in einem Lederdrehstuhl, und im TV-Spot sagt er Sachen wie: "Könnt ihr nicht einfach mal aufhören, mich zu verunsichern, und anfangen, mich zu versichern?" Dann setzt er Kopfhörer auf und hört Norah Jones, im Regal seiner Hamburger Altbauwohnung steht eine Plattensammlung.

Aber der Neue hat ein Problem: Herrn Kaiser. Der war kein lässiger Altbaumieter, eher der Typ freistehendes Einfamilienhaus. Er trug Anzug und Lederschuhe. Um lässig rüberzukommen, lockerte er höchstens die Krawatte oder kickte den WM-Fußball. Herr Kaiser hätte niemals gejammert, sein Leben sei kompliziert. Er wusste immer genau, was zu tun war. Spießig, dafür kaiserlich versichert.

Der Neue hat nicht mal einen Namen. Dafür ist er genau der Typ, der auch für unangekündigte Gäste immer eine Flasche Rotwein auf den Tisch stellt. Aber eben auch einer, der eine Anleihe nicht von einer Aktie unterscheiden kann, der einer netten Beraterin Bonus- und Bottomless-Zertifikate locker abnehmen würde. Davon gibt es schon genug! In Zeiten, wo nicht mal das zinslose Sparbuch sicher ist, braucht es für Haftpflicht, Riester-Rente und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Leute wie Herrn Kaiser: Sie haben die Finanzkrise verstanden und die einzig richtige Lösung provisionsfrei parat. Bei Versicherungen ist es halt wie im zwischenmenschlichen Bereich: Auf Dauer geht es nicht ohne ein Quäntchen Spießertum. Corinna Nohn

Dienstag, 17. August 2010

Die Weltreporter aus der Provinz: 25 Jahre Zeitenspiegel

Vor 25 Jahren hatten zwei Reporter und zwei Fotografen einer schwäbischen Zeitung genug vom alltäglichen Klein-Klein, genug davon, bloß zwei Mal im Jahr eine große Reportage machen zu dürfen. Sie verließen den Verlag und beschlossen, auf eigene Faust große Reportagen samt Fotos zu produzieren und zu verkaufen. Die Einkünfte sollten geteilt werden. Das war der Anfang der Agentur Zeitenspiegel, die mehr ist als eins der zahllosen Journalistenbüros im Land. Zum einen wegen dem hohen Anspruch, Reportagen aus aller Welt für renommierte Magazine wie stern, focus oder GEO zu machen, und zum anderen wegen der solidarischen Idee.

Zeitenspiegel ist ein selbstverwalteter Betrieb, eine große Familie - was schon daran deutlich wird, dass jeden Tag einer für alle kochen muss. Zeitenspiegel ermöglicht seinen Mitgliedern, was anderswo nur schwer oder gar nicht möglich ist. Ein tolles Thema in Südamerika? Kein Problem, die Agentur bezahlt die Reisekosten. Einer möchte unbedingt als Korrespondent nach Shanghai? Soll er, die Agentur ermöglicht das. Von derlei verheißungsvollen Möglichkeiten angelockt, haben schon etliche Festangestellte ihre gut dotierten, sicheren Posten verlassen.

Mittlerweile hat die Agentur 36 Mitglieder mit verschiedenen Formen der Zugehörigkeit. Sie schuf einen Kindergarten für ihren Nachwuchs, den angesehenen Hansel-Mieth-Preis, das Gabriel Grüner-Stipendium und in Kooperation mit der Volkshochschule Reutlingen die Zeitenspiegel-Reportageschule Günter Dahl, die ich im fünften Jahrgang besuchen durfte. Ich denke oft an die Ausbildung, an die Dozenten, die Mitarbeiter und an die herzliche Atmosphäre zurück. Ja, Zeitenspiegel ist wirklich etwas Einzigartiges. Möge die Agentur auch die nächsten 25 Jahre gut überstehen!


PS: Ingid Kolb, Freundin der Agentur und ehemalige Leiterin der Nannenschule, hat eine schöne Rede auf der Jubiläumsfeier gehalten. [hier lesen ...]

Unverstellt und sympathisch: Seiberts erster Tag

Steffen Seibert ist nun offiziell als neuer Regierungssprecher im Amt. Sympathisch, dass er so offen mit seiner Nervosität umgeht, ja überhaupt welche hat als 50-jähriger TV-Anchorman. Irgendwie beruhigend. Siehe auch das Reuters-Video.

Freitag, 13. August 2010

Lasst das, liebe Zeit-Redakteure!

Auf dem Titelbild der aktuellen Zeit sind zwei Stücke Fleisch zu sehen, außen gebraten, innen roh. Dazu in großen roten Buchstaben: "Lasst das!" Untertext: "Seine höhere Intelligenz gibt dem Menschen nicht das Recht zum Fleischverzehr. Ein Plädoyer der Zeit-Redakteurin Iris Radisch für den Fleischverzicht. Michael Allmaier hingegen erklärt, warum er das nicht kann."

Schon der Untertext relativiert den ersten Eindruck ein wenig, leistet aber bestenfalls Schadensverminderung. Ich frage mich, was ist das für ein Journalismus, der mit erhobenem Zeigefinger daherkommt? Ich fand schon den Spiegel-Titel "Joachim Gauck, der bessere Präsident" zu wertend, aber die Zeit sprengt nun wirklich den Rahmen. Nichts gegen eine Debatte für Vegetarismus, aber wie die Zeit nun ihren Titel gestaltet hat, das ist einfach inakzeptabel, ja unjournalistisch. Oder kürzer: Lasst das!

Samstag, 7. August 2010

Die Seele des Fotoreporters

Als ich gestern in der Ausstellung "Shifting Media" mit Bildern der legendären Fotoagentur Magnum in der Berliner C/O-Galerie war, wurde mein Bild und mein Verstehen von der Natur des Fotoreporters deutlich erweitert

Auf der Reporterschule hatten wir auch ein paar Seminartage Reportagefotografie und für unser Abschlussmagazin haben wir mit Fotoreportern zusammengearbeitet, aber es ging dort mehr um den Fotoreporter als Kollegen an der Seite des Reporters. In der Ausstellung hingegen verstand ich, was den Fotoreporter ohne schreibenden Themen-Anführer auszeichnet, was ihn selbst definiert. Vielleicht habe ich es dort erst wirklich verstanden, weil dort auch Fotoreporter in meinem Alter vorgestellt wurden, weil ich mir vorstellen konnte, was es für mich bedeuten würde, diese Arbeit zu machen.

Ich rede hier nicht von Pressefotografen, die die Bilder des täglichen Nachrichtengeschehens liefern, sondern von Einzelgängern, die versuchen, sich der Seele eines Themas nähern. Deswegen hat auch Magnum bei Tageszeitungen keine nennenswerte Bedeutung. Und die Hoch-Zeit der Fotoreportage in Magazinen ist auch lange vorbei.

Manche dieser Einzelgänger sind angezogen von bestimmten Milieus (z. B. Enklaven in Russland), andere von Auswirkungen des Menschen auf die Natur oder wie gewisse Ereignisse Menschen verändern (z. B. Soldaten nach einem Kriegseinsatz).

Diesen Typ Fotoreporter zeichnet nicht so sehr ein gewisser Ausbildungs-Abschluss aus oder dass er für dieses oder jene Magazin gearbeitet hat, es ist die schlichte Bereitschaft bestimmte Themen zu bearbeiten. Es ist die Bereitschaft, auf einen regelmäßigen Job und damit auf Geld zu verzichten, es ist die Bereitschaft in die Pampa ans andere Ende der Welt oder auch in Krisengebiete zu gehen, in jedem Fall aber die Bereitschaft, Wochen oder Monate weg zu sein und so auch die Berufung unter Umständen einer Partner-Beziehung vorzuziehen.

Diese Reporter sind auf der Suche nach etwas, man könnte sagen, sie haben eine Mission, auch, wenn sie dafür noch selbst Geld bezahlen müssen und Entbehrungen in Kauf nehmen, ja vielleicht nicht einmal in absehbarer Zeit Ruhm ernten. Alleine getrieben durch die Leidenschaft für die Motive, für die Bilder zu ihrem Thema.

Donnerstag, 5. August 2010

Stilformen

Vor der Reporterschule überlegte ich, bevor ich mich eines Themas mit Außenrecherche annahm, eigentlich nur, wo ich hinfahren und wen ich interviewen kann. Über die Stilformen (abgesehen von Interview vs. Fließtext) dachte ich wenig nach.

Mittlerweile sieht das anders aus. Es macht geradezu höllischen Spaß über die Stilformen zu sinnieren. Welche Stilform passt zu welchem Thema, das ich angehen möchte, am besten? Reportage, Feature, Newsstory, Portrait oder Report? Oder gar eine Mischform?

Erst wenn man diese Formen klar unterscheiden kann und sich darüber gedanken macht, lässt sich die beste Form für ein Thema finden. Das Buch "Die Reportage" von Michael Haller ist da übrigens Gold wert, weil er sich genau dieser Abgrenzung auf 27 Seiten widmet.

Time-Magazin mit fragwürdigem Aufmacher

Das Time-Magazin hat eine afghanische Frau auf das Cover gehoben, der von ihrem gewalttätigen Ehemann Nase und Ohren abgeschnitten worden sind. Der Titel lautet: "What Happens if We Leave Afghanistan" (siehe auch Spiegel.de). Aber die USA und seine Isaf-Partner haben doch Afghanistan noch gar nicht verlassen. Was also soll die Botschaft des Titels sein? Dass die westliche Welt einen Polizeistaat mit völliger Überwachung in Afghanistan errichten muss, um solche Verbrechen zu verhindern? Oder dass alle afghanischen Männer eingesperrt werden müssen? Mich dünkt, die kriselnde Time wollte einfach nur Aufmerksamkeit erlangen.


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Danke
Vielen Dank für diese Sätze: "Es sollte eine sehr gute...
Johanna (Gast) - 2013-12-05 10:34
Gut analysiert. Nur bei...
Gut analysiert. Nur bei der politischen Ausrichtung...
7an - 2013-10-10 15:08
Kein Interesse
Nur eine kurze Anmerkung. Journalisten denken von ihrem...
Otto Hildebrandt (Gast) - 2013-10-10 14:08

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