header_neu

Montag, 22. Juni 2009

Zum Geburtstag Erich Maria Remarques

Auf die Minute genau vor 111 Jahren wurdest Du geboren. Im kleinbürgerlichen Osnabrück in einfachsten Verhältnissen. Du hast Deine Heimat nie abschütteln, nie vergessen können, auch, wenn Du zum Weltbürger gemacht und ins Exil getrieben wurdest, auch, wenn Du das Kleinbürgerliche verachtest hast und Frauen wie Marlene Dietrich an Deiner Seite waren. Deine Wurzeln blieben immer in der deutschen Provinz, im Pappelgraben hinter der Stadtmauer und in der Traumbude des Bohemien Fritz Hörstemeier.

Deine Jugend hast Du im ersten Weltkrieg verloren, auch, wenn Du nur kurz an der Front warst. Du hast die radikale politische Verführung und den Krieg als das begriffen was sie waren: als sinnloses gegenseitiges Aufhetzen und als gegenseitiges Ermorden ängstlicher junger Männer, denen ihr Vorgesetzter ein größerer Feind war als der Fremde im anderen Graben.

Wenige hatten den Mut, Charakter und Verstand, Dich zu loben. Die meisten haben Dich angegriffen, kritisiert und in den Dreck gezogen, dabei hast Du immer nur mit sicherem Zeitgeistgefühl und großem Können das aufgeschrieben, was war - sei es im Roman "Im Westen nichts Neues"* oder in jedem Werk danach. Nie hast Du Dich wichtig gemacht, immer nur mit warmherzigem, sensiblem und humanistischem Ton am Leben festgehalten. Du warst berühmt und vermögend, ein Dandy, aber nie arrogant. Du warst wie die jungen Männer in Deinen Büchern: irgendwie immer einsam und voller existenzieller Selbstzweifel. Wirklich wohl gefühlt hast Du Dich vielleicht nur in alkoholgeschwängerten Nächten mit einfachen Menschen philosophierend. Du bist das Gegenteil von den Möchtegernstars von heute, Du bist wie Dein Werk: unsterblich und immer ein Vorbild. Alles Gute zum Geburtstag, Erich!

*Hier oder hier kann man "Im Westen nichts Neues" lesen oder sich ausdrucken!

Die Qual hinter dem Werk

Alle Leser bewunders die Texte guter Schriftsteller und Journalisten. Was sie aber in der Regel nicht sehen, ist die Qual, die hinter der Arbeit steht. Und müssten die dem Schreiprozess beiwohnen, würden sie sicher auf so manches Werk verzichten.

Donnerstag, 18. Juni 2009

Reportage schreiben

Vor der VHS in Reutlingen

Vor einem Café sitzen und die Ereignisse der Toskana-Reise aus dem Blog holen. Überlegen, welche Szenen man für die Reportage braucht. Wie will sie komponiert sein? Es ist ein langsamer, tagelanger Weg bis zur fertigen Geschichte. Aber was könnte schöner sein?

PS: Für User, die über den Suchbegriff "Reportage schreiben" hierher gelangt sind, empfehle ich das Buch "Die Reportage" von Michael Haller. Für Fortgeschrittene und Interessierte lohnt sich auch ein Blick in das Audio-Archiv der Seminare des Reporter-Forums. Siehe z. B. hier.

Samstag, 6. Juni 2009

Die entzauberte Welt

Über das Blog eines Bekannten Reisenotizen aus Asien gefunden. Und wieder wird mir vor allem eines deutlich: Asien ist nichts besonderes mehr. Standardurlaub. Jeder Zwanzigjährige Student aus der deutschen Provinz ist dort. Ich sehe Bilder wie dieses. Es könnte auch in Ostdeutschland geschossen worden sein. Gibt es überhaupt einen Unterschied? Dazu Texte wie dieser:

Mittags gings dann gleich hoch zum Wat Doi Suthep, einer Tempelanlage mit City View ueber Chiang Mai. Fantastisch!
Zuruck im Guesthouse wollte ich mich eigentlich aufs Ohr hauen, zum Glueck kam mir ne gemischte Reisegruppe aus Englaendern (Tom, Glyn, Dave) Hollaendern (Bart und Anhang, Sorry muss mich nochmal nach dem Namen erkundigen...) und einer Australierin (Ema) dazwischen, die mich gleich zum Feiern animiert haben. Echt ein geiler Trupp! So much Fun!

Es geht um ein fremdes Land, aber für mich klingt es mehr nach Discopark und Ballermann. Gibt es also überhaupt noch etwas auf dieser Welt zu entdecken? Und wenn ja, was, wo doch selbst der Mount Everest mit Touristengruppen überschüttet wird? Es steht wohl so: Es gibt viel zu entdecken und wird immer etwas zu entdecken geben. Aber der Ort spielt keine Rolle mehr. Das Besondere kann genauso im deutschen Dorf wie in der thailändischen Stadt wie an der australischen Küste liegen. Das Ferne per se hat jegliche Exotik, jeglichen Reiz verloren. Die Terra incognita ist restlos vom weißen Mann erobert.

Sonntag, 24. Mai 2009

Du bist Terrorist

Du bist Terrorist from lexela on Vimeo.

Via https://www.dubistterrorist.de

Dienstag, 19. Mai 2009

Die Elitisierung des Prints

Die Journalisten prügeln sich. Print gegen Online. Es geht um nicht weniger als die Zukunft.

Auf der einen Seite macht das SZ-Magazin ein ganzes Heft über die Frage "Wozu Zeitung?". Den Sidekick gibt Miriam Meckel, Professorin für Kommunikationsmanagement, in einem FAS-Artikel. Die Botschaft von beiden: Qualitätsjournalismus ohne Print geht nicht.

Auf der anderen Seite kämpfen Handelsblatt-Blogger (und Print-Reporter) Thomas Knüwer und Klaus Meier, Professor für Online-Journalimus. Meier wirft SZ-Chefredakteur Hans Werner Kilz, der auch einen Beitrag für das Magazin geschrieben hat, vor allem Schlamperei vor, Knüwer hingegen haut gleich auf alle Printler (zu denen er ja auch immer noch halb gehört) ein und fragt, warum man überhaupt noch Zeitung lesen müsse, wenn am Vortag doch schon alles online steht. Zudem hätten doch innerhalb der Woche bestenfalls noch Top-Manager, Politiker, Rentner und Professoren Zeit für Printlektüre (was ja an sich schon mal eine merkwürdige Aussage ist).

Ein bisschen zwischen den Fronten steht (Print-)Journalist und Blogger Stefan Niggemeier und versucht mit einem 20.000 Zeichen-Beitrag irgendwie die Mitte zu finden.

Aber worüber streiten eigentlich alle wirklich? Um Qualität? Wohl kaum. Darum welches Medium in der nächsten Zukunft das meiste Ansehen haben wird? Auch das wohl nicht, denn der Print wird sein Ansehen noch lange bewahren.

Nein, es geht am Ende mal wieder nur um verletzte Eitelkeiten. Die Print-Redakteure fürchten Macht- und Geldverlust sowie ein erstarkendes Internet und die Netzjournalisten leiden unter ihren üblichen Minderwertigkeitskomplexen.

Aber eigentlich ist doch alles so einfach. Der Online-Journalismus wird immer mehr vom Kuchen haben wollen, wird immer wichtiger werden, wird immer mehr von den klassischen Print-Territorien erobern und obendrein noch als multimedialer Zwitter Charakter entwickeln. Dem Online-Journalismus sind aber auch Grenzen gesetzt. Die Königsdisziplinen wird er nie perfekt beherrschen.

Große Reportagen, sehr lange Interviews, kurz alles, was Zeit und Ruhe braucht und Muße bringt, ist im Internet wirkungsschwach und oft genug verschwendet. Das Netz lebt von seinem Tempo, seiner Bodenlosigkeit, seiner weltverbindenden Möglichkeiten und von seinem Stress.

Die großen und bisweilen extrem zeitaufwändigen journalistischen Genres verweigern sich aber diesem Stress - bei der Recherche, beim Schreiben und beim Lesen. Die alten Königinnen brauchen die würdevolle Ewigkeit bedruckten Papiers. Das Internet spricht viele Sprachen, aber nicht alle. Und natürlich ist es auch eine Frage der Dekadenz.

Selbst wenn es eines Tages das perfekte Online-Lesemedium geben wird, die Superfolie oder was auch immer, so werden besondere Texte und besondere Fotografie auf Hochglanzpapier immer noch mehr hermachen als auf einem Schirm gleich welcher Art. Die Frage ist nur, wie elitär die Käuferschicht sein wird.

Donnerstag, 14. Mai 2009

Die Mainstream-Linken

Spiegel-Redakteur Jan Fleischhauer hat ein Buch über die Linken geschrieben (Unter Linken: Von einem, der aus Versehen konservativ wurde). Im Spiegel selbst gab es dazu einen Auszug. Fleischhauer entblößt darin, die Wohlgefälligkeit, die Rechthaberei und den Mainstream, die das Linkssein so massenkompatibel machen. Sehr zu empfehlen.

Die Linke hat gesiegt, auf ganzer Linie, sie ist zum juste milieu geworden. Wenn man nach einer Definition sucht, was links sein bedeutet, lässt sich auf ein beeindruckendes Theoriegebäude zurückgreifen. Links ist eine Weltanschauung, auch eine Welterklärung, wie alles mit allem zusammenhängt - aber zunächst ist es vor allem ein Gefühl. Wer links ist, lebt in dem schönen Bewusstsein, im Recht zu sein, ja, einfach immer recht zu haben. Linke müssen sich in Deutschland für ihre Ansichten nicht wirklich rechtfertigen. Sie haben ihre Meinung weitgehend durchgesetzt, nicht im Volk, das störrisch an seinen Vorurteilen festhängt, aber in den tonangebenden Kreisen, also da, wo sie sich vorzugsweise aufhalten.

Dienstag, 28. April 2009

Journalistenpreise als PR

Habe gerade eine Liste mit Journalismus-Preisen überflogen. Erkenntnis: Journalismus-Preise sind meistens indirekte PR. Ausgezeichnet werden zum Beispiel herausragende Beiträge, die ...

... zeigen, welche Rolle erneuerbare Energien für Deutschland spielen.

... dazu beitragen, die Öffentlichkeit für Kinderrechte bzw. deren Verletzungen zu sensibilisieren.

... junge Menschen ermutigen, sich publizistisch mit biblischen Werten, jüdisch-christlicher Kultur ... zu beschäftigen.

... der Bedeutung von Holzpackmitteln ... Rechnung tragen.

Wenn es mit der PR nicht so recht klappt, kann man also einfach einen Journalismus-Preis ausloben. Vorteil: Man bekommt für das Preisgeld (meist so 1000 bis 2000 Euro) gleich zahlreiche Publikationen in der Presse.

Samstag, 18. April 2009

Ein neues Kapitel



Noch einmal schaute ich mich um. Sah die weißen Säulen mit den Flachbildfernsehern, auf denen Nachrichten liefen. Sah das "Nachrichten-Rad", an dem die Blattmacher über die Ausgabe vom nächsten Tag entscheiden. Dann drehte ich mich um und ließ zwei Jahre Arbeit hinter.

Nach dem Studium war es schwer gewesen. Plötzlich kein Student mehr. Arbeiten. Pendeln. Wenig Freizeit. Wie lange soll das jetzt so gehen, fragte ich mich. Dann, ein halbes Jahr später genoss ich es, morgens mit Zeitung und Kaffee in den Regionalzug einzusteigen. Hektisches Durcheinander am Frankfurter Hauptbahnhof. Aktentaschen und Anzüge. Gebraucht zu werden. Eine Aufgabe zu haben. Sich bewähren zu können.

Trotzdem: Der Stress war enorm, die Abwechslung nicht nennenswert. Aber vielleicht auch gar nicht so erwünscht. Erstaunlich, wie schnell man zufrieden ist mit seiner kleinen Welt. Und auch, wenn ich nebenher endlich gescheite Artikel für die Zeitung schreiben konnte, mich endlich auch dort durchsetzen konnte, war klar, dass noch etwas Neues kommen musste. Nicht nur eine andere Redaktion, sondern etwas wahrhaftig Neues.

Nun wohne ich seit zwei Wochen in Reutlingen und besuche die Zeitenspiegel-Reportageschule. Es ist wieder wie in der Uni. Wie im Journalismus-Seminar. Aber doch ist nichts mehr wie früher.

Das liegt nicht unbedingt daran, dass die Schule arbeitsintensiver ist oder dass ich jedes zweite Wochenende durcharbeiten muss, um das Nötigste zu verdienen. Es liegt daran, dass ich älter bin.

Mit Anfang 20 drängt man hinaus in die Welt, möchte endlich etwas erleben, raus aus dem Elternhaus. Endlich Student sein, eine neue Stadt, was für ein Leben. Aber diese Zeit kommt nicht wieder. Sie ist einmalig. Und wer Jahre später erst oder noch einmal studiert, muss zwangsweise nostalgisch werden. Die Uhr hat sich schon weitergedreht. Das Leben wird komplizierter. Auf einmal denkt man nicht mehr ausschließlich an den nächsten Barbesuch oder die schönsten Fernsehserien, sondern daran, dass man bald 30 (oder noch älter) wird. Man denkt daran, dass man vielleicht in drei, vier Jahren schon Kinder haben wird. Man denkt daran, dass man noch nie im Ausland studiert hat. Man denkt daran, dass man auch noch reisen möchte, weil man es sein ganzes Leben nicht geschafft hat, nicht bereit war oder kein Geld dafür hatte. Und einem wird bewusst, dass plötzlich nicht mehr die ganze Zukunft vor einem liegt. Vielleicht möchte man noch einen Master machen oder promovieren. Man merkt, dass die Zeit für all diese Sachen eng wird.

Komisch, wo man doch eigentlich noch fast sein ganzes Leben vor sich hat. Aber irgendwann muss man mehr Verantwortung tragen. Und sei es nur über sich allein.

Aber Schluss mit der vorauseilenden Nostalgie! Ich bin hier, ich habe den nächsten Schritt gemacht, habe die Seite umgeblättert, meine Heimat aufgegeben. Darmstadt war schön, aber stand beinahe komplett still. Man kann sein Glück nicht festhalten, man muss ihm folgen.

Reutlingen also. Hübsche Stadt. Idyllisch, wenn auch provinziell. Der Geist wohnt nebenan in Tübingen. Tolle Wohnung zusammen mit meiner Freundin. Guter Unterricht in der Schule. Alle Dozenten sind Praktiker, alle noch aktive Schreiber. Es ist eben eine Journalistenschule. Da sitzen keine Dozenten, sondern Journalisten, Reporter. Schulgründer Philipp Mausshardt alleine schon. Alle halbe Stunde klingelt sein Handy. Redaktionen rufen an. Schnell kann es da heißen: Wir brauchen Dich und zwei Deiner Schüler. Ebenfalls jeden Tag: eine Stunde Konferenz. Was für Themen gibt es? Welches gibt genug her?

Wir schreiben jeden Tag. Strenge Textkritik. Vor allem bei der langjährigen Chefin der Nannen-Schule, Ingrid Kolb. Zu unserer Begrüßung und der Verabschiedung der Absolventen reiste GEO-Chef Peter-Matthias Gaede an. Was für eine Rede! Hätte sie aufnehmen sollen. Im Juni dann eine Woche Toskana. Reportagereise. Im Sommer Praktikum. Danach drei Monate Reportagen schreiben (hier die genauen Inhalte im PDF).

Am Ende wird ein eigenes Magazin stehen, aus dem viele, wenn nicht alle Texte ihren Weg in eine Zeitung oder Magazin finden werden. Aber jetzt, jetzt bin ich hier, jetzt ist der Anfang.

PS: Ein paar Bilder meiner neuen Bude gibt es für Freunde im studivz.

Mittwoch, 8. April 2009

Hunter S. Thompson hat mir falsche Vorstellungen vom Journalismus vermittelt

Zeitungsseiten im Akkord füllen, Content managen bis man umkippt, für ein Taschengeld Artikel verkaufen. Es gibt wohl angenehmere Berufe als den des Journalisten. Dabei könnte doch alles so schön sein:

Den ganzen Tag in einer karibischen Bar abhängen, Bier trinken, Burger essen und ab und an mal ein Interview am Abend führen. Sonstige Highlights: Karneval und mit adretten Schönheiten baden gehen. Hunter S. Thompsons Bild vom Journalismus ist zweifelsohne das angenehmste. Niedergeschrieben in seinem ersten Roman, "The Rum Diary". Meine studiVZ-Gruppe für alle ernüchterten, aber dennoch leideschaftlichen Journalisten. You're welcome!

Foto: Wikipedia, CC

Donnerstag, 12. März 2009

Der 11. März

Es ist merkwürdig meinen Geburtstag verbunden mit einem Amoklauf in der Zeitung zu sehen. Der 11. März 2009. Winnenden.

Anderseits gibt es vieles, das an einem 11. März geschehen ist. Ein paar Beispiele:

11. März 2004: Bei einer Serie von Bombenanschlägen auf Züge in Madrid sterben 191 Menschen.

11. März 1544: Der italienischer Dichter Torquato Tasso wird geboren.

11. März 2002: Marion Gräfin Dönhoff, die Herausgeberin der Zeit, stirbt.

11. März 1702: Die erste englischsprachige Tageszeitung The Daily Courant erscheint in London.

11. März 1867: In Paris wird die französische Erstversion von Giuseppe Verdis Grand opéra Don Carlos nach dem gleichnamigen Theaterstück von Friedrich Schiller uraufgeführt.


Neuester Kommentar

Danke
Vielen Dank für diese Sätze: "Es sollte eine sehr gute...
Johanna (Gast) - 2013-12-05 10:34
Gut analysiert. Nur bei...
Gut analysiert. Nur bei der politischen Ausrichtung...
7an - 2013-10-10 15:08
Kein Interesse
Nur eine kurze Anmerkung. Journalisten denken von ihrem...
Otto Hildebrandt (Gast) - 2013-10-10 14:08

Suche

 



arbeitsprozesse
das schreiben
der autor
der journalismus
digitale welt
diplomtagebuch
freie presse
fundsachen
gedanken
journalismus-studium
medienbeobachtungen
meinung
panorama
persönliches
poeten
reisenotizen
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development